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Sensenhammer

Sensenhammer

Longseller „Plantagengerät“

Hammerwerke in Westfalen produzierten für die ganze Welt –  und eben auch für die Kolonien. Nicht aus diesem Sensenhammer, aber aus anderen Betrieben in der Region gingen Werkzeuge speziell auf Plantagen. Das waren planmäßig angelegte Monokulturen, in denen großflächig Rohstoffe für den europäischen Markt angebaut wurden.

Die Hersteller von Breitwaren im Bergischen Land und im Märkischen Sauerland produzierten mit „Plantagengeräten“ bereits seit Beginn des 19. Jahrhunderts eine eigene Sparte von Werkzeugen für solche Betriebe. Darunter fielen Produkte wie Äxte und Beile, Hacken, Schaufeln und Zuckerrohrmesser, Hauer und Macheten. Sie gingen zunächst nach Südamerika, in englische, holländische, spanische und französische Kolonien und, als es deutsche Kolonien in Afrika gab, auch dorthin. Aus der großen Zahl von Plantagen ergab sich ein entsprechend hoher Bedarf an Werkzeugen. Sie waren Teil des auf Ausbeutung und Zwang beruhenden kolonialen Wirtschaftssystems.

Aufgrund ihres relativ geringen Preises dienten Macheten aber auch als billige Waffen. So spielten sie etwa in den Unabhängigkeitskriegen der Kolonien in Südamerika eine wichtige Rolle.

Macheten in einem Prospekt der Hagener Firma Gebrüder Wolff, vermutlich aus den 1920er-Jahren für den Absatzmarkt in Mittel- und Südamerika.

Hintergrundwissen

Auch nach Ende der deutschen Kolonialzeit bot die kolonial geprägte Wirtschaftsform der Plantagen weiterhin einen Absatzmarkt für Betriebe der Region. 1935 fanden sich in einem deutschen Fachadressbuch unter Stichwort „Plantagengerät“ insgesamt neun Firmen, darunter waren drei aus Gevelsberg und eine aus Meschede. Um wirtschaftlich bestehen zu können, bildeten acht Firmen 1948 die „Interessengemeinschaft Plantagengeräte“ in Gevelsberg. Es ging darum, „alle Arten von Plantagengeräten“ in den Handel zu bringen. Damit spannt sich mit dieser Produktgruppe ein Bogen aus der Zeit, in der es noch keine deutschen Kolonien gab, bis in die für Deutschland längst post-koloniale Zeit der 1960er-Jahre.

Vertreter anderer Sparten der Metallverarbeitung sahen ebenfalls Chancen im Absatz in der Plantagenwirtschaft. So bot die Firma Boecker & Halver aus Hohenlimburg 1898 „Plantagensiebe“ mit Drahtgewebe für Kaffee, Tee, Bohnen, Mehl und Reis an.

Achatschleife

Nicht nur für deutsche Kolonien

Das Beispiel von Macheten zeigt, wie Betriebe in Solingen, Remscheid und Gevelsberg in die Sklavenwirtschaft der Karibik eingebunden waren. Sie produzierten seit dem frühen 19. Jahrhundert diese Busch- oder Haumesser für den dortigen Einsatz. Die Hersteller knüpften an ihre Erfahrungen beim Schmieden von Messern und Breitwaren an. Firmen in Gevelsberg produzierten bereits um 1850 etwa 350 000 Haumesser pro Jahr.

Macheten waren ein Arbeitsmittel auf den großflächigen Zuckerrohrplantagen. Auch beim Anbau von Kakao, Kaffee und Bananen kamen sie zum Einsatz.

Machete
Hersteller unbekannt, Marke JoRo CROWN, Kierspe; 1. Hälfte 20. Jahrhundert
Stahl, Holz; H. 8 cm, L. 60 cm
Heimatverein Kierspe

Und heute?

Die Produktion etwa von Macheten hat sich seit vielen Jahren in Länder der Tropen und Subtropen verlagert. Dort werden in Lizenz viele der alten deutschen Markenfabrikate hergestellt und verkauft. Auch unabhängig von der Plantagenwirtschaft sind Macheten für Bauern in Mittel- und Südamerika heute wichtige Arbeitsmittel.

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